Existenzgründung als Zahnarzt: Erfolgsfaktor Versorgungslage
Bei der Existenzgründung als Zahnarzt sind viele wichtige Entscheidungen zu treffen, die das gesamte Berufs- und Privatleben massiv beeinflussen. Eine der schwierigsten ist sicherlich die Wahl des richtigen Standorts. Hier kann die aktuelle und prognostizierte regionale Versorgungssituation zum erfolgreichen Gelingen des Gründungsvorhabens beitragen. Wir beleuchten, was für die Existenzgründung abseits der beliebten Ballungszentren sprechen kann.
Inhalt
- Existenzgründung: Zahnärzte zieht es in Ballungszentren
- Die Zahnarztdichte als Indikator für die regionale Versorgung
- Zahnärztliche Existenzgründung: Versorgungslage als Chance
- Tipps für die Existenzgründung als Zahnarzt in Regionen mit geringer Zahnarztdichte
- Fazit: Die Rolle der Versorgungslage bei der Existenzgründung als Zahnarzt
1. Existenzgründung: Zahnärzte zieht es in Ballungszentren
Es ist ein bekanntes Phänomen, das nicht nur den zahnärztlichen Nachwuchs betrifft, aber auch hier deutlich zu erkennen ist: Viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte zieht es direkt nach der Approbation oder der Assistenzzeit in beliebte städtische Ballungszentren, wo sie in Anstellung arbeiten oder ihre Existenzgründung planen und realisieren. Vor allem ländliche und strukturschwache Regionen werden dagegen deutlich seltener für eine Niederlassung in Betracht gezogen.
Freie Ortswahl bei der Existenzgründung als Zahnarzt
Im Gegensatz zu ihren humanmedizinischen Kolleginnen und Kollegen unterliegen Zahnärztinnen und Zahnärzte bei der Existenzgründung nämlich keinen Zulassungsbeschränkungen aufgrund der bestehenden Versorgungssituation vor Ort. Dennoch ist die regionale Versorgungslage natürlich ein wichtiger Faktor bei der Standortwahl, den gründungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte im Rahmen der Konkurrenzanalyse genau unter die Lupe nehmen sollten. Dies ist ohnehin wesentlicher Bestandteil einer sorgfältigen Standortanalyse.
2. Die Zahnarztdichte als Indikator für die regionale Versorgung
Die Zahnarztdichte, gemessen an der Anzahl der Einwohner je Zahnarzt, stellt die zentrale Kennzahl dar, um die regionale Versorgungslage zu beurteilen. Ende 2021 lag dieser Wert im bundesdeutschen Durchschnitt bei 1.145 Einwohnern pro Zahnarzt.1 Gut für die Patientinnen und Patienten: Insgesamt haben sich die zahnärztlichen Versorgungsstrukturen in den letzten 20 Jahren durch eine Zunahme der Zahnarztdichte kontinuierlich verbessert. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass lange Zeit deutlich mehr neue Zahnärztinnen und Zahnärzte von den Hochschulen nachrückten als ältere Kolleginnen und Kollegen aus dem Berufsstand ausschieden.
Absehbare Trendwende der Versorgungslage
Vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen wird jedoch zunehmend beklagt, dass örtliche Praxen mit dem Eintritt der Inhaber in den Ruhestand geschlossen werden müssen, weil vor Ort der zahnärztliche Nachwuchs fehlt, der sie übernehmen könnte.2 Denn junge Zahnärztinnen und Zahnärzte fassen für ihre Existenzgründung primär prosperierende mittelgroße bis große Städte ins Auge, während der ländliche Raum als Praxisstandort zunehmend an Beliebtheit verliert.
Auswirkung des demografischen Wandels auf die Zahnarztdichte
Dieser Trend ist bereits heute in vielen Teilen der neuen Bundesländer, aber auch in einigen Regionen des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz deutlich zu spüren. Nach Expertenprognosen könnte sich die Situation nicht nur im ländlichen Raum durch die Alterung der Gesellschaft in absehbarer Zeit vielerorts noch verschärfen. So wird damit gerechnet, dass bis zum Jahr 2030 bundesweit jede zweite Zahnärztin und jeder zweite Zahnarzt in den Ruhestand gehen könnte.3
Inwieweit die prognostizierten Perspektiven zu Versorgungsproblemen oder gar zu akuter regionaler Unterversorgung führen könnten, wird vor allem von der tatsächlichen Entwicklung der Studien- und Approbationszahlen in den nächsten Jahren abhängen. Klar ist jedoch, dass die Zahnarztdichte insbesondere in den ländlichen Regionen von Bundesländern wie Sachsen-Anhalt und Thüringen tendenziell deutlich abnehmen wird.
3. Zahnärztliche Existenzgründung: Versorgungslage als Chance
Hauptleidtragende in den betroffenen Regionen sind natürlich die Patientinnen und Patienten, die sich in ihrer Heimat mit einem bereits eintretenden oder zukünftig drohenden Zahnärztemangel konfrontiert sehen. Im Umkehrschluss bedeutet eine schlechte zahnärztliche Versorgungslage aber auch ein großes Potenzial für Zahnärztinnen und Zahnärzte, die die eigene Existenzgründung anstreben. Denn wer seine Praxis bewusst in einer ländlichen oder strukturschwächeren Region gründet, hat mit seiner Niederlassung hohe Erfolgsaussichten.
Tipp: In unserem YouTube-Interview mit Zahnarzt Christoph Reichelt sprechen wir über seine erfolgreiche Existenzgründung in Sachsen-Anhalt mit einer Praxis für Minimalinvasive Zahnmedizin. Dabei geht er auch ausführlich auf seine persönlichen Erfahrungen und die Vorteile einer Niederlassung in einer Region mit geringer Zahnarztdichte ein:
Vorteilhafte Konkurrenzsituation auf dem Land
Das entscheidende Argument für die Existenzgründung als Zahnärztin oder Zahnarzt in einer Region mit unterdurchschnittlicher zahnärztlicher Versorgung liegt klar auf der Hand: Wo es weniger andere Zahnarztpraxen gibt, ist logischerweise auch die Konkurrenz geringer. Das erleichtert die Patientengewinnung, insbesondere wenn das Gesamtpaket aus Praxis- und Behandlungskonzept ansprechend und durchdacht ist.
Neugründung: Einfacherer Aufbau eines Patientenstamms
Gerade wenn die Existenzgründung als komplette Neugründung erfolgt, ist die Sorge der Zahnärztinnen und Zahnärzte oft besonders groß, dass trotz sorgfältiger Planung und entsprechender Werbung der Terminkalender leer bleibt, weil noch kein Patientenstamm vorhanden ist, auf den man zurückgreifen kann. Nicht selten fällt die Entscheidung gegen eine Neugründung und für eine Praxisübernahme sogar vor allem deshalb, weil die Herausforderung, den Patientenstamm komplett von Null aufzubauen, als zu groß empfunden wird.
In Regionen mit geringem Wettbewerb sind solche Bedenken jedoch allein aufgrund der Versorgungslage häufig völlig unbegründet. Hier ist es möglich, mit vergleichsweise geringem Aufwand Neupatienten auf sich aufmerksam zu machen, um sich selbst einen nachhaltigen Patientenstamm aufzubauen. Eine Neugründung abseits der Ballungszentren kann daher eine attraktive Option darstellen, die an einem anderen Standort möglicherweise nicht in Betracht gezogen würde.
Wir von ZSH begleiten seit mehr als 50 Jahren Zahnärztinnen und Zahnärzte erfolgreich in die Selbstständigkeit – und darüber hinaus. Unsere qualifizierten Zahnärzteberaterinnen und Zahnärzteberater beraten Sie gerne ausführlich zur Standortwahl und zu allen weiteren Themen rund um die Niederlassung und Praxisfinanzierung.
Praxisübernahme: Großes Praxisangebot im ländlichen Raum
Von diesem großen Patientenpotenzial in Regionen mit geringer Zahnarztdichte profitiert man natürlich auch, wenn man sich als Zahnärztin oder Zahnarzt für die Existenzgründung in Form einer Praxisübernahme entscheidet. Ein weiterer Vorteil ist hier, dass in ländlichen Regionen bereits heute ein großes Angebot an Abgeberpraxen besteht, das sich aufgrund der Altersstruktur des Berufsstandes und der bereits beschriebenen Ruhestandsprognosen in absehbarer Zeit nur noch vergrößern dürfte.
Hier haben Zahnärztinnen und Zahnärzte daher gute Chancen, geeignete Praxisräume für die Existenzgründung zu finden, in denen sich die eigene Zahnarztpraxis den Wünschen und Vorstellungen entsprechend realisieren lässt.
4. Tipps für die Existenzgründung als Zahnarzt in Regionen mit geringer Zahnarztdichte
Erweiterungsmöglichkeiten offenhalten
Eigentlich handelt es sich um eine allgemeine Empfehlung, die jedoch besonders dann anzuraten ist, wenn aufgrund der örtlichen Versorgungslage besonders viele potenzielle Patienten vorhanden sind: Der Praxisstandort sollte idealerweise so gewählt werden, dass Raum für Wachstum bleibt – auch wenn zum Zeitpunkt der Existenzgründung in der langfristigen Planung eher nicht vorgesehen ist, weitere Zahnärztinnen und Zahnärzte einzustellen.
Denn in Regionen mit geringer Zahnarztdichte ist das Patienteninteresse keineswegs zu unterschätzen. Mit der richtigen Vorarbeit und einem ansprechenden Konzept stellt sich der Praxiserfolg daher oft schneller ein als gedacht. Häufig entscheiden sich Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber dann doch für die Anstellung eines oder mehrerer weiterer Behandlerinnen und Behandler, um die vorhandenen Räumlichkeiten besser auszulasten und mehr Umsatz zu generieren – bei vergleichsweise geringen Mehrkosten.
Diese Erfahrung hat auch Zahnarzt Christoph Reichelt gemacht, wie er in unserem YouTube-Interview berichtet: Ursprünglich wollte er eigentlich nie weitere Zahnärztinnen oder Zahnärzte einstellen, doch der große Erfolg seiner Praxis ließ ihn umdenken. Jetzt, nur zweieinhalb Jahre nach der Existenzgründung, fängt bereits die zweite angestellte Kollegin in seiner Praxis an.
Nicht vom Mythos einer mangelnden Patientenakzeptanz beirren lassen
Mit der Existenzgründung möchten Zahnärztinnen und Zahnärzte eigene Praxis- und Behandlungskonzepte verwirklichen. Dabei setzt der zahnärztliche Nachwuchs häufig auf eine moderne und qualitativ hochwertige Versorgungsphilosophie, die zwangsläufig auch mit Zuzahlungen verbunden ist.
Bisweilen besteht jedoch auch bei branchennahen Fachleuten wie Steuerberatern der Vorbehalt, dass Zusatzleistungen abseits der großen Ballungszentren auf wenig Akzeptanz bei den Patientinnen und Patienten stoßen – insbesondere dann, wenn der Praxisvorgänger ausschließlich Kassenleistungen angeboten hat. Die Erfahrungen vieler Zahnärztinnen und Zahnärzte, die wir bei der Existenzgründung und darüber hinaus begleiten, zeigen allerdings ein anderes Bild.
Das A und O: Transparente und verständliche Kommunikation
In vielen Fällen erweist es sich, dass ein Großteil der übernommenen Patienten durchaus bereit ist, für eine bessere und qualitativ hochwertigere Versorgung Zuzahlungen zu leisten. Denn der allgemeine Trend zu mehr Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung betrifft auch die Zahngesundheit. Entscheidend ist, die Gründe für die Veränderungen transparent und nachvollziehbar darzustellen. Es muss erklärt werden, warum bestimmte Abläufe und Behandlungen nun anders durchgeführt werden, z. B. warum im Backenzahnbereich keine Kunststofffüllungen mehr gelegt werden.
Um das Verständnis und die Akzeptanz der Patienten zu gewinnen, ist es daher wichtig, sich immer ausreichend Zeit für das Patientengespräch zu nehmen.
5. Fazit: Die Rolle der Versorgungslage bei der Existenzgründung als Zahnarzt
Wer als Zahnärztin oder Zahnarzt die Existenzgründung anstrebt, sollte im Rahmen der Standortanalyse unbedingt die regionale Versorgungslage genau unter die Lupe nehmen und – sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprechen – auch ländlichere oder strukturschwächere Regionen als Standort für seine Praxis nicht kategorisch ausschließen. Allein aufgrund des großen Patientenpotenzials und der guten Marktsituation für eine Praxisübernahme, insbesondere aber auch im Hinblick auf die prognostizierte zukünftige Versorgungslage, bestehen hier hervorragende Erfolgsaussichten – sofern das Niederlassungsvorhaben auch ansonsten auf einem soliden Fundament steht.
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Quellen
1 https://www.kzbv.de/kzbv2022-jahrbuch-web.media.6cb14cc720bfac55d4f06bfe01111d63.pdf
2 https://www.tagesschau.de/inland/regional/sachsenanhalt/mdr-zahnarzt-ueber-probleme-die-verantwortlichen-ignorieren-die-situation-seit-jahren-100.html
3 https://dentalmagazin.de/news/drohender-zahnaerztemangel-in-deutschland/
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