Zahnärzte, die sich selbstständig machen wollen, stehen immer vor derselben Frage: Starte ich mit einer Einzelpraxis oder werde ich Teil eines Teams? Wir stellen Ihnen die wichtigsten Praxisformen vor, beleuchten Rechtliches und Steuerliches und helfen Ihnen, die richtige Entscheidung zu treffen.
In diesem Artikel erwarten Sie die folgenden Themen:
Die Entscheidung, eine eigene Zahnarztpraxis zu gründen oder sich an einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft zu beteiligen, will aus vielen Gründen gut überlegt sein. Dabei geht es nicht nur um marketingrelevante, finanzielle, rechtliche und steuerrechtliche Fragen, sondern auch darum, was für ein „Typ Zahnarzt“ Sie sind.
Praxisform geeignet für:
stressresistente, risikobereite Zahnärzte, die sich Gestaltungsfreiraum wünschen und unabhängige Entscheidungen treffen möchten.
Viele Zahnmedizin-Studenten und junge angestellte Zahnärzte träumen von ihrer eigenen Zahnarztpraxis. Damit verbinden sie die Möglichkeit, eigene Visionen umsetzen sowie die zahnmedizinische und marketingstrategische Ausrichtung der Zahnarztpraxis frei bestimmen zu können. Der Inhaber einer Einzelpraxis kann seine Sprech- und Arbeitszeiten frei bestimmen und sein Personal alleine aussuchen.
Dem gegenüber wird ein Solo-Inhaber wahrscheinlich einen hohen Kredit aufnehmen müssen, um eine Zahnarztpraxis neu gründen oder übernehmen zu können. Die Verantwortung für die Finanzen sowie sämtliche Kaufentscheidungen trägt der Zahnarzt in der Einzelpraxis stets selbst. Die alleinige Mitarbeiterverantwortung kann dann zur Last werden, wenn Entlassungen anstehen. Es fühlt sich nie gut an, einen Mitarbeiter zu entlassen.
Gerade bei unerfahrenen Zahnärzten können die hohe Last der Verantwortung sowie die finanziellen Risiken zu Stress und Erfolgsdruck führen. Dies trifft vor allem auf Zahnärzte mit unzureichenden kaufmännischen und unternehmerischen Kenntnissen zu. Nicht zuletzt vermissen viele „Einzelkämpfer“ irgendwann den Austausch mit Fachkollegen, der sie zu Studienzeiten oder als angestellte Zahnärzte noch beflügelt hat.
Praxisform geeignet für:
den kostenbewussten Zahnarzt mit Sicherheits- und/oder Gemeinschaftsbedürfnis
"Eins“ klingt ziemlich „allein“ und somit auch recht anstrengend. Viele Zahnärzte ziehen es deshalb vor, sich mit anderen Zahnärzten und / oder Kollegen anderer Fachdisziplinen zusammenzuschließen – am häufigsten in der Praxisform „Gemeinschaftspraxis“ (Berufsausübungsgemeinschaft).
Jobsharing ähnelt auf den ersten Blick der Gemeinschaftspraxis, birgt jedoch erhebliche Unterschiede. Beim Jobsharing „teilen“ sich zwei Zahnärzte für eine bestimmte Zeit einen Kassenvertrag. Hierdurch erhält der neu hinzugekommene Zahnarzt die Möglichkeit, seinen Beruf in einem für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereich auszuüben. Wie bei der Gemeinschaftspraxis werden die vorhandenen Ressourcen – Personal, Räumlichkeiten, Geräte – gemeinschaftlich genutzt.
Das Jobsharing-Modell eignet sich besonders gut, wenn eine Praxisübergabe geplant ist oder wenn beide Zahnärzte aus familiären Gründen temporär weniger arbeiten möchten.
Zahnärztliches Job-Sharing ist in zwei Varianten möglich:
Beide Varianten bedürfen der Zulassung durch den Zulassungsausschuss. Hierbei darf der Junior-Partner nicht gleichzeitig anderswo einen eigenen Sitz haben.
Die beteiligten Zahnärzte können im Rahmen des Job-Sharings alle Leistungen anbieten, die sie abrechnen dürfen. Insgesamt darf die Zahnarztpraxis jedoch maximal 3% mehr abrechnen als vor dem Job-Sharing.
Praxisform geeignet für:
den kostenbewussten Zahnarzt, der zugleich Gemeinschaft und Unabhängigkeit sucht
Eine Praxisgemeinschaft ist eine rein wirtschaftliche Organisations- und Kostengemeinschaft aus zwei oder mehreren rechtlich eigenständigen Zahnarztpraxen. Jeder beteiligte Gesellschafter pflegt – rechtlich zwingend - seinen eigenen Patientenstamm und erwirtschaftet seinen eigenen Gewinn.
Die Kooperationsmöglichkeiten einer Praxisgemeinschaft sind vielfältig. Gute Beispiele sind Ärztehäuser oder die Führung zweier Einzelpraxen unter einem Dach. Spezielle Formen der Praxisgemeinschaft sind Apparategemeinschaften und Laborgemeinschaften. Hierbei handelt es sich um Praxisgemeinschaften, deren Kooperation sich auf die gemeinsame Nutzung von Apparaten bzw. eines Labors beschränkt.
Der genaue Gesellschaftszweck und der Umfang der gemeinsam genutzten Ressourcen werden zwischen den beteiligten Zahnärzten in einem Vertrag festgehalten.
Während vor 2015 unter medizinischen Versorgungszentren ausschließlich fachübergreifende ärztliche Einrichtungen verstanden wurden, ist es Zahnärzten seit dem im August 2015 in Kraft getretenen Versorgungstärkungsgesetz (GKV-VSG) möglich, auch rein zulassungsgleiche, d. h. rein zahnärztliche Versorgungszentren (ZMVZ) zu gründen.
Gründungsberechtigt sind ausschließlich zugelassene Zahnärzte, wobei mindestens zwei freiberufliche Vertragszahnärzte im Versorgungszentrum tätig sein müssen. Die Zahl der angestellten Zahnärzte ist nicht limitiert.
Verlässt einer der von zwei gründenden Vertragszahnärzten das ZMVZ oder verliert seine Zulassung, kann der verbliebene Vertragszahnarzt seine MVZ-Zulassung nur dann aufrechterhalten, wenn er innerhalb von 6 Monaten einen neuen Vertragszahnarzt hinzunimmt.
Das zahnärztliche medizinische Versorgungszentrum eignet sich für Vertragszahnärzte, die am Standort mit einer großen Praxis expandieren wollen.
Datenschutz ist ein Thema, das derzeit die Zahnarztpraxen stark beschäftigt. Vor dem Hintergrund der neuen Datenschutzgesetze ergeben sich für die Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft tatsächlich unterschiedliche Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten und zur Verschwiegenheit.
Während in der Gemeinschaftspraxis jeder Zahnarzt – das Einverständnis der Patienten vorausgesetzt – Zugriff auf die personenbezogenen Daten des gemeinsamen Patientenstamms hat, besteht dieses allgemeine Zugriffsrecht für Zahnärzte der Praxisgemeinschaft nicht.
In einer Praxisgemeinschaft verfügt der einzelne Zahnarzt über jeweils einen eigenen Patientenstamm. Seine Zugriffsrechte auf personenbezogene Daten erstrecken sich entsprechend ausschließlich auf diese Patienten. Daher ist es wichtig, die Praxis bei einem gemeinschaftlich genutzten Server datenschutzrechtlich so zu organisieren, dass kein Zahnarzt Zugriff auf die Patientendaten seiner Partner hat.
Gleiches gilt für personenbezogene Daten in Papierform (Akten), die so archiviert werden müssen, dass nur der befugte Zahnarzt Zugriff erhält.
Werden Mitarbeiter von den Inhabern einer Praxisgemeinschaft gemeinsam beschäftigt, wird der Zugriff dieser Mitarbeiter auf die Daten / Unterlagen als unbedenklich eingestuft. Achtung: Dies gilt nicht für Mitarbeiter, die von einem einzelnen Partner eingestellt wurden.
Hieraus ergibt sich im Vertretungsfall, dass die Patienten in die Akten-Einsichtnahme des Vertreters schriftlich einwilligen müssen.
Das Thema „Praxisformen für Zahnärzte“ ist äußerst komplex und kann in diesem Artikel nur oberflächlich angerissen werden. Mehr Klarheit gewinnen Sie, wenn Sie sich im Vorfeld der Gründung einer Zahnarztpraxis fachmännisch beraten lassen. Eine auf die Dentalbranche spezialisierte Unternehmensberatung hat in der Regel Finanzberater und Rechtsberater an Bord, die sich mit der Geschäftstätigkeit von Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften und zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren sowie allen Varianten davon bestens auskennen.
Gerne unterstützt Sie ein Berater der ZSH bei der Auswahl der für Sie geeigneten Praxisform und berücksichtigt dabei alle finanziellen und rechtlichen Aspekte, sodass Sie sich sicher und ohne Fallstricke auf Ihre berufliche Zukunft konzentrieren können.
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